Einblick in Songs and Sagas – Ein Axt und Runen Rollenspiel

Erst am Samstag hab ich mir Thore geschnappt und das 6-seitige Rollenspiel Songs and Sagas angeschaut. Es kommt aus der Feder von René-Pier Deshaies-Gélinas, welcher auch schon Firelights, Breathless und andere Spiele unter Fari RPGs veröffentlicht hat. Fari RPGs ist einigen vielleicht durch einen sehr erfolgreichen Stoneburner Kickstarter ein Begriff, aber bringt ansonsten kleine, häufig freie oder für kleines Geld erwerbliche Rollenspiele raus, die in der Regel eine offene Lizenz haben, um die Spiele zu hacken. Dies unterstützt Fari RPGs auch mit Game Jams, um neu veröffentlichte Spiele, wo sich dann für Breathless, Firelights oder Songs and Sagas zahlreiche weitere Werke auf Itch tummeln.


Bildquelle: Press Kit von Fari RPGs
  • Verlag: Fari RPGs
  • Erscheinungsjahr: 2024
  • Sprache: Englisch
  • Seiten: 6
  • Format: PDF
  • Preis: Pay what you want (PDF)
  • Erhältlich bei: PDF bei Fari RPGs oder Itch

Warum sollte mich Songs and Sagas kümmern?

Wenn du mit Dungeons and Dragons, Das Schwarze Auge, Call of Cthulhu, Shadowrun, Vampire oder dem Rollenspielsystem deiner Wahl glücklich bist, kann es dir vermutlich egal sein. Solltest du jedoch auch über den Tellerrand hinausschauen und interessiert sein, wie andere Spiele ein Rollenspiel ermöglichen, dann ist Songs and Sagas ein Blick wert.

So wie auch Spiele wie Push und The Wretched (Die Wretched bei Obscurati Publishing) reiht sich Songs and Sagas in die Riege von Indie-Spielen ein, die klein, überschaulich, aber versuchen neue Wege einzuschlagen. im Falle von Songs and Sagas ist es primär die Resolutions-Mechanik.

Worum gehts?

Songs and Sagas kommt mit einem einfachen Grundsetting. Man denke an Vikinger Fantasy und ist fertig. Jede Figur hat Namen, Pronomen, Vanori (eine Art Tiergeist), die vier Attribute Stärke, Geschicklichkeit, Willenskraft und Herz, einen Wert für die Widerstandsfähigkeit, Rüstung und Erfahrungspunkte.

Ein kleiner Einleitungstext bringt uns ins Setting. Durch Geister und Gottheiten geführt sind unsere Vorfahren durch strahlende Tore inmitten der weiten See gefahren und im Unbekannten gelandet. Sie siedelten, aber es liegt an uns die noch unerschlossenen Lande zu erforschen.

Die Regeln

Wir haben vier Seiten und zwei weitere für eine Hexkarte und Notizen sowie Orakeln auf der Rückseite für die Solo-Regeln des Spiels. Das Spiel kann geleitet, Solo oder im Koop gespielt werden. Beim Setting kann man aufgrund der Kürze also nicht viel Tief erwarten. Die Spielarten kommen einem vielleicht von einem anderen PbtA Spiel namens Ironsworn bekannt vor. Aber gehen wir ein wenig in die Regeln.

Prüfungs- und Schicksalswurf

Kern des Ganzen sind die Prüfungswürfe. Schicksalswürfe sind dasselbe lassen aber 1-2 Schritte aus und sind für Situationen, wo es keine und vernachlässigbare Konsequenzen geben könnte. Schicksalswürfe sollen aber die Geschichte vorantreiben und daher keine Rechtfertigung für würfelwütige Leute.

Und hier ist direkt eine spannende Entwurfsentscheidung. Wir spielen mit einem W20 und einem übliches Spielkartenset. Für einen Prüfungswurf beschreiben wir die Aktion, wählen ein passendes Attribut und würfeln unseren W20 gegen einen Zielwert. Übliche Zielwerte sind 9 für einfache Herausforderungen, 12 für normale und 15 für schwierige Herausforderungen. Ein wichtiger Unterschied ist, dass wir den Zielwert übertreffen müssen. Ein Gleichstand ist ein Fehlschlag.

Aber damit nicht genug. Jede Region hat eine Risikowertung von 1-3. Diese wird zufällig beim Entdecken der Region festgelegt. In Höhe der Risikowertung werden bei Prüfungen Karten vom Deck gezogen. Für jede schwarze Karte erhöht sich der Zielwert um +2 und erschwert damit die Prüfung. Rote Karten sind neutral.

Bei einem Erfolg erzählt die spielende Person, was passiert. Das Erzählrecht liegt also nicht bei der SL. Danach, wenn keine Karte für die Probe eingesetzt wurde, zieht die Person eine der ausliegenden Karten auf die Hand. Rot muss bevorzugt genommen haben. Das führt auch dazu, dass das Deck mehr schwarze Karten behält und damit die Prüfungen grundsätzlich schwieriger werden und die Dramatik steigern. Sollte die Prüfung fehlschlagen, dann erleidet der SC einen Rückschlag und einen Erfahrungspunkt. Die SL übernimmt das Erzählrecht des Ergebnisses und führt eine Konsequenz ein (z.B. narrativer Art, Verlust von Widerstandsfähigkeit, beschädigte Ausrüstung, ein neuer Zustand etc.). Zustände belegen wie in Mausritter einen von 6 Inventarplätzen.

Das Spiel mit den Karten

Im Laufe des Spiels sammeln wir also Karten auf die Hand. Auch änhlich zu Ironsworn soll dies das Momentum in der Erzählung darstellen. Die Karten dürfen bei Würfen abgeworfen werden, um die Götter um Hilfe zu bitten (+2 auf den Wurf), einer verbündeten Person zu helfen (+2 für Wurf dieser Person), das Blatt wenden (ein Rückschlag wird zu einem Erfolg, aber eine Konsequenz wird eingeführt) oder man ist vorbereitet und besitzt einen Gegenstand, den man vorher noch nicht definiert hat. Gegenstände können in der Fiktion sinnvoll eingesetzt werden, um zu argumentieren, warum man einen Vorteil (Erleichterung des Schwierigkeitsgrads) bei einer Prüfung hat.

Eine weitere Möglichkeit für den Einsatz der Karten, ist die Aktivierung einer der Vanori Fähigkeiten. Jede Figur hat eine Vanori, einen Tiergeist, die Attribute bei der Charaktererstellung bestimmen. Als Gefährte des Bären kann eine Karte von der Hand geworfen werden, um z.B. die eigene Rüstung um einen weiteren W4 Wurf zu erhöhen, wenn man angegriffen wird. Sozusagen die Spezialfähigkeit unserer Figur.

Der Ablagestapel wird zurück gemischt, wenn eine Szene endet oder das Deck leer ist. Karten auf der Hand verbleiben dort und werden nicht gemischt.

Zustände und Rasten

Unsere Figur hat 6 Inventarplätze und Zustände nehmen jeweils einen Platz ein. Diese Zustände stellen Einschränken ein wie z.B. „Verwundet“. Es gibt keine Erklärung, welche Zustände es geben kann, um im Spiel möglichst flexibel damit umzugehen. Sind Zustände in Situationen hinderlich, erhöht dies die Schwierigkeit einer Prüfung. Sie werden geheilt, wenn es in der Erzählung Sinn ergibt, dass man eine ausreichend lange Rast (z.B. eine volle Rast von einer Woche) hinter sich brachte.

Es gibt in Songs and Sagas drei Arten von Rasten. Kurze, Lange und Volle Rasten. Im Falle von vollen Rasten ist unsere Figur für eine Woche in Sicherheit und leckt sich die Wunden. Dafür erhält sie alle Widerstandsfähigkeitspunkte wieder und kann einen Zustand heilen.

Kurze Rasten nehmen eine halbe Stunde ein und wir ziehen dafür eine Karte. Je nach Karte heilt die Figur 5, 3, 2 oder 1 Punkt Widerstandsfähigkeit. Die Höhe ist abhängig von der Kartenfarbe. Bei einem Kreuz heilt man 2 Punkte und eine Gefahr liegt auf dem Weg und im Falle eines Piks ist sie sogar unmittelbar und die Heilung nur 1 Punkt. Lange Rasten funktionieren ähnlich, sind jedoch einige Stunden und heilen die doppelte Anzahl an Widerstandsfähigkeitspunkten. Außerdem kann man die eigene Ausrüstung in der Zeit reparieren.

Kämpfen

Selbst in der Kürze hat Songs and Sagas Reaktionswürfe, Moralregeln und ein kleines Kampfsystem. Trifft man auf NSCs wird über das Ziehen einer Karte die Einstellung der Figur zu den SC bestimmt. Fühlen sich Feinde in der Unterzahl oder sehen ihre:n Anführer:in zu Boden gehen oder flüchten, ist auch die Chance hoch, dass sie aufgeben. Eine Karte entscheidet darüber, wie sie reagieren.

Die Initiative im Kampf wird, *Trommelwirbel*, über das Ziehen einer Karte bestimmt. Rote Karten erlauben dem SC den Erstschlag, schwarze Karten den Feinden. Im Kampf kann eine Aktion unternommen werden, um die Schwierigkeit für zukünftige Aktionen zu reduzieren, die Rüstung/Waffe des Feindes zu beschädigen oder anderweitig in die Fiktion einzugreifen. Dafür ist eine Prüfung abzulegen. Ansonsten kann man angreifen.

Angriffe können mit der Waffe oder anderen Alternativen (durch Ideen der Spielenden) stattfinden. Feinde haben drei Werte: Widerstandsfähigkeit, eine Rüstung und Waffen. So ist auch eine Konvertierung von OSR-Kreaturen schnell gemacht. Ein Angriffswurf ist dabei ein Prüfungswurf. Bei einem Erfolg, würfelt man den Schadenswürfel der Waffe (startet bei W6, kann W4 – W12 betragen). Bei einer gewürfelten 20 steigt der Schadenswürfel um eine Stufe. Sollte die Prüfung fehlschlagen, sinkt der Schadenswürfel um eine Stufe oder im Falle einer gewürfelten 1 sogar um zwei Stufen. Die SL darf alternativ eine Konsequenz einführen. In jedem Fall wird nach dem der Schaden ermittelt wurde, der Feind seinen Rüstungswürfel (kein Würfel, W4 oder W6) würfeln und den Schaden um den geworfenen Wert reduzieren. Der Rest wird von der Widerstandsfähigkeit des abgezogen.

Ist der Feind am Zug, muss sich die Spielfigur verteidigen. Dafür wird ein Prüfungswurf notwendig. Bei einem Erfolg, geht der Angriff ins Leere. Bei einem Rückschlag würfelt der Feind seinen Schadenswürfel und die spielende Person muss selbst den Rüstungswürfel würfeln und den Schaden für die Spielfigur reduzieren.

Erfahrungspunkte und Aufstiege

Für jeden Rückschlag bei einer Prüfung erlangt die Spielfigur Erfahrungspunkte. Bei 6 Punkten steigt die Figur eine Stufe auf. Dann werden für alle Attribute Karten gezogen und je nach Farbe die Attribute um 2 oder 1 erhöht, bleiben Gleich oder die Figur sieht ein unheilvolles Omen. Eine weitere Karte erhöht die Widerstandsfähigkeit oder zeigt eine Vision durch den Tiergeist.

Fazit

Songs and Sagas ist ein übersichtliches Spiel, was meines Erachtens eine schöne Grundlage für andere Spiele zeigt. die Resolutionsmechanik ist im Gegensatz zu üblichen Spielen sehr spannend, da durch die Aufnahme von bevorzugt roten Karten auf die Hand das Kartendeck vermehrt schwarze Karten enthält. Schwarze Karten im Spieldesign sind negativ behaftet. Prüfungen werden schwerer, Feinde haben die Initiative, Attributssteigerungen passieren nicht, Rastphasen heilen weniger Widerstandsfähigkeit, NSC sind feindselig oder vorsichtig, Feinde bleiben im Kampf oder hängen sich stärker rein.

Dafür können diese Karten strategisch eingesetzt werden. Sie können eingesetzt werden, um Verbündeten zu helfen, die eigenen Chancen bei Prüfungen zu steigern, Fehlschläge zu Erfolgen wandeln oder Gegenstände dabei zu haben, die man gerade braucht. Die Vanori als Tiergeister sind eine einfache Möglichkeit, um spielerisch etwas Vielfalt einzubringen und auch hier sind die Karten Auslöser für die besonderen Fähigkeiten.

Die Rückgabe von Karten verändert aber auch wieder das Deck und gibt vielleicht wieder rote Karten frei, die das Spiel wieder entschärfen.

Die Hexkarte kommt mit mehreren Orakeln für Gelände, Interessanten Orten, Adjektiven für die Orte, Themen und Aktionen, Visionen und Omen, Namen, Persönlichkeitsmerkmale, Wetter, Beute, Questen und Bedrohungen. Dies unterstützt das Spiel im Solo- oder Koop-Modus.

Das Setting und Genre ist ganz cool, aber glücklicherweise auch schnell anpassbar. Der Autor selbst hat im Zuge des Game Jams zu Songs and Sagas auch als anderes Beispiel Wastewalkers veröffentlicht, was ein postapokalyptisches Spiel im Stile von Wastelands, Fallout, Borderlands und Mad Max ermöglicht. Alles in Allem gefällt mir Songs and Sagas sehr gut und vor allem das Spiel mit den Karten wirkte erfrischend und baute Spannung auf.

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