Rezension zu Malmsturm – Stätten der Verdammnis

Nach der Rezension von Fundamente und Länder des Sturms bildet der Abenteuerband Stätten der Verdammnis den Abschluss der Malmsturm-Reihe. Benjamin hat dafür nach dem Leiten vom scharlachroten Hexagon den Abenteuerband Stätten der Verdammnis im Gesamten betrachtet.

Stätten der Verdammnis sowie der Wunsch zur Rezension wurde vom Uhrwerk Verlag an uns herangetragen. Wir kommen dem Wunsch gerne nach, möchten aber darauf hinweisen, dass es sich um keine bezahlte Promotion handelt und wir unsere ungezügelte Meinung zu Malmsturm entfesseln. Das Titelbild ist aus den Malmsturm Werken entnommen und wurde von Björn Lensig illustriert. Für weitere Informationen zu Malmsturm sei auch die Malmsturm Homepage empfohlen!

Bildquelle: Uhrwerk Verlag

  • Verlag: Uhrwerk Verlag
  • Erscheinungsjahr: 2017
  • Sprache: Deutsch
  • Seiten: ca. 188
  • Format: PDF / Buch (Hardcover)
  • Preis: 17,99 € (PDF) / 29,95 € (Hardcover)
  • Erhältlich bei: Uhrwerk Verlag

Erster Eindruck

Optik und Layout folgt dem Malmsturm-Standard: B5-Hardcover, kontrastreiches S/W-Layout mit ausdrucksstarken Bildern die thematisch die vorgestellten Szenarien stützen. Leider kein Goldschnitt diesmal. ;-( Zusammen mit Fundamente und Länder des Sturms sieht das aber schon ganz schick aus im Regal!

Auf 181 Seiten versucht Stätten der Verdammnis die Quadratur des Kreises: gleich drei vorgefertigte Abenteuer (eines für jede der großen Regionen) für ein Fate-Regelwerk — ein System, welches den Bezug auf die Charaktere und ihre Dilemmata, Ziele und Verbindungen schon ab der Charaktererschaffung in den Fokus des Spielgeschehens rückt. Kann das funktionieren? Ich erlaube mir, die Antwort vorweg zu nehmen: Ja, so kann man das machen! Vor dem ausführlichen Fazit werde ich anhand der drei Abenteuer im Einzelnen erläutern, mit welch unterschiedlichen Ansätzen hier vorgegangen wurde. 

(Für den Spieltest habe ich das erste Abenteuer Das scharlachrote Hexagon geleitet, die anderen habe ich nur gelesen.)

Da ein Abenteuerband in der Regel nur von der Spielleitung (SL) gelesen und benutzt wird, ist dieses Review naturgemäß voller Spoiler. Wer die Abenteuer ggf. als Spieler erleben möchte, kann aber direkt zum Fazit springen.

Das scharlachrote Hexagon (Norden)

Worum es geht

Ein Verrat unter Piraten dient als Ablenkung des Antagonisten, der mit einem gewaltigen, magischen Artefakt herum spielt. Dabei entsteht versehentlich ein Malmsturm, der die Insel in sechs sehr unterschiedliche und zum Teil merkwürdige Regionen teilt. Die Spielercharaktere (SC) geraten in den Sturm und versuchen, diesen zu stoppen oder sogar das Unglück ungeschehen zu machen.

Aufbereitung

Die Grundidee für das Abenteuer ist ein Hexcrawl auf der Insel. Dabei hat die SL die Aufgabe, der Gruppe eine entsprechend starke Motivation zu liefern. Im Gegensatz zu den folgenden Szenarios werden hier keine fertigen SC mitgeliefert. Eine Verknüpfung mit den Nicht-Spieler-Charaktere (NSC) oder Fraktionen während der Charaktererschaffung bietet sich aber an. 

Neben den ausführlich ausgearbeiteten NSC (Motivationen und übersichtliche Wertekästen) und den Beschreibungen der Insel-Sechstel, (die zum Teil schon fast surreal anmuten) werden Zufallstabellen für Landmarken, Schätze und Phänomene jeweils für jedes Sechstel geliefert, welche das Überqueren der Insel interessanter gestalten.

Licht / Stärken

Eine hexagonale Säule (=>daher also Hexcrawl ;-)), von welcher ausgehend die Insel in sechs unterschiedliche Wirklichkeiten gebrochen wird, umringt von einem donnernden Malmsturm: Epischer kann es eigentlich nicht werden. Die Prämisse hat beim Testspiel sehr gut funktioniert, auch wenn nicht jedes Rätsel gelöst werden konnte. 

Schatten / Schwächen

Das Abenteuer geht davon aus, dass die Charaktere den Ort schon erforschen wollen. Meines Erachtens ist das zu wenig und ich habe Verknüpfungen bei der Charaktererschaffung als Motivation für die Erforschung der Insel genutzt. Ein klarer Hinweis auf diese Möglichkeit würde einen Einstieg deutlich vereinfachen.

Tentakelfinger (Waismark)

Worum es geht

Ein Serienmörder geht in Phanagor um. Es ist an den Spielercharakteren (vorbereitete SC aus der Stadt), ihn (oder es?) zu stoppen.

Ein Ermittlungsabenteuer mit Geheimbund und übernatürlichem Hintergrund,  in dem die Spieler die Möglichkeit erhalten, zu einer erschütternden Erkenntnis über das Wesen der Magie in der Welt zu gelangen!

Aufbereitung

Neben dem Hintergrund und Werten für den namensgebenden Tentakelfinger besteht das Szenario im Grunde nur aus detailliert ausgearbeiteten Personen, die untereinander und mit den SC vernetzt sind und alle ihre ganz eigenen Motivationen haben.

Zur Übersicht der Verbindungen gibt es ein ausführliches, doppelseitiges Knotendiagramm (eine sog. Relationship- oder kurz R-Map) für die Darstellung aller Personen und ihren Verbindungen untereinander.

Licht

Das schwächste Glied eines Ermittlungsabenteuers ist stets die Motivation des Schurken – und hier kann Tentakelfinger glänzen. Die Vermischung von Triebtäter und magischen Hintergrund verzahnt die gefährliche Natur der Magie von Malmsturm gekonnt mit einem sehr weltlichen Ursprung seiner Taten.

Schatten

So hilfreich die R-Map ist, 15 Personen mit diversen Quer- und Kreuzverbindungen und eigenen Motivationen wollen stets im Kopf behalten werden. Bei jedem Kontakt erneut nachzuschlagen, kommt bei diesem Abenteuer wirklich nicht in Frage! Das ist sicher nicht unbedingt etwas für jeden.

Der kosmische Krater (Imperium)

Worum es geht

Verschiedene Gruppen jagen nach dem blauen Glas, das auf dem Grunde eines Kraters zu finden ist, welches ein mächtiger Magier bei seiner Landung aus dem Weltraum (!) hinterlassen hat. Mitten im entstehenden Chaos aus zwei verfeindeten Kulten des Magiers und des Kraters steckt die Gruppe von Schicksalsgefährt:innen am Ort des Geschehens aus unterschiedlichen Gründen fest.

Aufbereitung

Wie auch in den vorhergehenden Abenteuern werden hier hauptsächlich NSC, Fraktionen und ausgearbeitete Spielercharaktere vorgestellt. Die Natur des Glases bleibt dem SL überlassen, es gibt aber ein paar Vorschläge. 

Licht

Der Aufhänger des weltraumreisenden Magiers hat mich ehrlich überrascht. In einem Fantasy-Setting erwartet man das erstmal nicht, aber wenn man sich die Sword & Sorcery-Wurzeln von Malmsturm nochmal vor Augen führt, ist klar, wo das herkommt.

Das seltsame Zeug am Boden des Kraters hat mich direkt an eine bekannte Lovecraft-Geschichte erinnert und ich kann mir gut vorstellen, dass das Szenario einen guten Schuss Surreales durchaus noch vertragen könnte. 

Schatten

Nicht jeder mag Fantasy-SciFi-Crossover! Das sollte man ggf. vorher thematisch mit der Gruppe abklären.

Fazit

Der Grundprämisse von Fate Core folgend, besteht der Großteil dieser Anthologie aus liebevoll und auf den Einsatz im Spiel zugeschnittene NSC. Seien es mächtige Haupt-Antagonisten (komplett mit Aspekten, Stunts, Hintergründen und in einem Fall sogar einem ganzen Beziehungsgeflecht), knapp beschriebenen Neben-NSC oder namenlose NSC/Monster. Für das direkte Losspielen bekommt man sogar noch 10 fertige Charaktere mit größtenteils ausgearbeiteten Charakterbögen (5 für Tentakelfinger, 5 für Der kosmische Krater). 

Zusammen mit dem angehängten Bestiarium und den vielen NSC ist das eigentlich schon eine beeindruckende Sammlung. Natürlich kann man diese auch für die eigene Kampagne verwenden kann. 

Daneben werden aber auch drei grundverschiedene Szenarien geliefert, die jeweils mit einem passend zur Region zugeschnitten Thema eine hervorragende Einführung in die Welt von Malmsturm bieten. Was mich besonders gefreut hat: Gleich im ersten Abenteuer ist auch der titelgebender Malmsturm das Hauptthema — so macht man das!

Die Struktur ist ungewohnt und folgt nicht dem in vielen Rollenspielen üblichen chronologischen Ansatz. Das Ende ist hier nicht zum Teil vorgegeben und der SL wird eine Ausgangssituation vorgestellt. Die nötigen Bausteine zur freien Verwendung als Anknüpfungspunkte für die Protagonisten werden auch geliefert. Dabei sind die Prämissen meiner Ansicht nach stets stark genug, dass daraus viele spannende Situationen entstehen dürften. 

Das bringt allerdings mit sich, dass man sich als SL mit den Abenteuern und insbesondere Personen im Vorfeld ausführlich beschäftigen muss. Wer direkt vom Buch los leitet, wird höchstwahrscheinlich damit scheitern. Neben den für das Geschehen notwendigen Infos werden auch keine zusätzlichen Beschreibungen geliefert. Ausschmückungen und Details (wie sieht das Dorf genau aus, Jahreszeit, Einwohner, Landschaft usw.) müssen entweder vorbereitet oder improvisiert werden. Und je nach verwendeten SC (eigene oder aus dem Buch) ist die ganze Gruppe in der Pflicht, für die Motivationen und Verknüpfungen mit der Welt zu sorgen, um sich überhaupt in Gefahr stürzen zu wollen.

Daher bin ich der Meinung, dass man für Stätten der Verdammnis zumindest ein wenig Erfahrung mit Rollenspiel und explizit dem Leiten mit Fate Core mitbringen sollte. Ein kompletter Einstieg mit einem der drei Abenteuer kann u.U. holprig werden.

Wer aber grundsätzlich mit leichter Improvisation kein Problem hat und Plotideen, NSC und mehr Hintergründe zur Malmsturm-Welt sucht, bekommt hier all das hübsch präsentiert und für den Einsatz fertig vorbereitet geliefert! Alles in Allem zeigt Stätten der Verdammnis auf gleich drei unterschiedliche Arten überzeugend, wie man in Fate Abenteuer spielgerecht aufbereitet.

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