Lese-Rezension zu Tricube Tales
Nach unserem Ausflug in die Hong Kong Filme folgt heute eine kurze und knackige Lese-Rezension zu einem ebenso kleinen und leichten Rollenspiel. Tricube Tales ist ein kleines generisches Rollenspiel, welches es uns erlaubt, in wenigen Minuten einen Charakter zu erschaffen und einfach drauf los zu spielen. Das Setting oder Genre ist uns dabei weder vorgegeben, noch im Weg.
- Verlag: Zadmar Games
- Erscheinungsjahr: 2019
- Sprache: Englisch
- Seiten: 59
- Format: Phone PDF / Softcover
- Preis: 1 $ als Phone PDF bzw. 4,95 $ als Softcover bei DriveThruRPG
Das Regelsystem
Tricube Tales hat ein kleines Regelwerk zu Grunde. Viel wird über die Charakterbeschreibung und die Narrative abgehandelt. Da es im engl. Werk keine Übersicht gibt, hat ein Bekannter für seine Runden eine Kurzübersicht auf Deutsch erstellt.
Charaktererschaffung
Für die Charaktererschaffung benötigt es nicht viel mehr als einen Satz. „Ein agiler Journalist mit spinnenähnlichen Superkräften und einer Neigung zu witzeln.“ ist eines der Beispiele aus Tricube Tales. Wir haben hier jedoch auch schon den Kern der Charaktererschaffung. Wir müssen nämlich einen Archetypen definieren. Ein Archetyp besteht aus einem Merkmal (agil, stark, clever; engl. Trait: agile, brawny, crafty) und einem Konzept (meistens eine Berufung). In unserem Beispiel also „agiler Journalist“. Dann wählen wir noch eine Besonderheit (engl. Perk) und eine Marotte (engl. Quirk). Bei unserem gewitzten Spinnen-Superheld sind dies beides schon Besonderheit (Spinnen-Superkräfte) und Marotte (die Neigung zu witzeln).
Jeder Charakter erhält dann noch insgesamt 6 Marker. Jeweils drei dieser Marker sind Courage-Punkte (engl. Resolve) und die anderen drei sind Karma-Punkte. Das Spiel geht davon aus, dass man an Ausrüstung dabei hat, was man für das Konzept braucht.
Proben
Wenn die Spielleitung eine Probe fordert, wird eine Schwierigkeit – in der Regel im Bereich 4 bis 6 – festgelegt. Nun prüft der Spielende, ob für diese Probe das Charakterkonzept passt. Wenn das Merkmal und das Konzept passt, also der gesamte Archetyp, dann erhält der Spielende 3W6 für die Probe. Sollte nur Konzept oder eine Besonderheit passen, erhält der Spielende 2W6 für die Probe. Passt gar nichts, dann lediglich 1W6.
Um die Probe zu schaffen, muss ein Würfel gleich oder über der Schwierigkeit liegen. Die Würfel werden nicht addiert! Zeigen mehrere Würfel einen Erfolg, dann erlangt man einen außergewöhnlichen Erfolg. Dementsprechend lassen sich die Zustände wie folgt definieren: Außergewöhnlicher Erfolg, Erfolg, Misserfolg, außerordentlicher Misserfolg.
Wenn die Besonderheit des Charakters erlaubt eine Probe automatisch zu bestehen, kann ein Karma-Punkt ausgegeben werden, um dies zu erreichen. Hilft eine Besonderheit bei einer Probe lediglich, kann nach dem Wurf ein Karma-Punkt ausgegeben werden, um die Schwierigkeit um 1 zu verringern.
Kämpfe und komplexe Hindernisse folgen zwar ähnlichen Regeln, aber jede Komplikation des Hindernisses bzw. die Stärke des Feindes wird über Aufwands-Punkte (engl. effort token) durch die Spielleitung dargestellt. Dafür werden mehrere Proben (eine je Aufwands-Punkt) häufig durch das Zusammenspiel der Gruppe abgelegt. So kann das Reparieren eines Luftschiffantriebs ein mechanisch komplexer Vorgang sein, welcher nicht nur die Reparatur durch die Mechatroniker*in fordert, sondern auch notwendig werden lässt, dass im richtigen Moment die Zündung wieder eingeschaltet und genügend Kohle nachgeschoben wird.
Wenn man eine Marotte in eine Probe einbringt, erhöht sich zwar die Schwierigkeit um 1, aber man erhält bei einem Misserfolg einen Karma-Punkt zurück und kann bei einem Erfolg entscheiden, ob man entweder Karma– oder Courage-Punkt regenerieren möchte.
Gebrechen und Aufstieg
Bei einem Erfolg oder Misserfolg wird die Narrative dadurch beeinflusst. Im Falle eines Misserfolgs sollte eine Komplikation oder anderweitige negative Konsequenz folgen. Eine solche Konsequenz kann sein, dass der Charakter seinen Mut verliert und daher einen Courage-Punkt aufgeben muss. Sind alle Courage-Punkte verloren, gilt der Charakter als besiegt und ist für die Szene außer Gefecht. Gleichzeitig erhält der Charakter von der Spielleitung ein Gebrechen (engl. Affliction). Dies ist wie eine temporäre oder sogar permanente Marotte zu behandeln. Ein permanentes Gebrechen reduziert auch das Karma um 1. Ein Beispiel könnte eine gebrochene Rippe sein oder der Fluch der Lykanthrophie.
Hat ein Charakter vier oder mehr dieser Gebrechen, geht der Charakter in den Ruhestand. Diese Gebrechen können bei einem Aufstieg jedoch in Marotten gewandelt werden. Der Unterschied ist, dass eine Marotte vom Spielenden kontrolliert wird, während ein Gebrechen auftritt, wenn die Spielleitung es für angemessen hält. Bei dem Biss des Werwolfs kann es also zuerst ein Gebrechen sein, weil der Charakter noch nicht den Fluch der Lykanthrophie beherrschen kann, aber nach einem Aufstieg kann dieses Gebrechen zu einer Marotte werden und der Charakter kann seine neue wilde Seite besser kontrollieren.
Ein Aufstieg sollte alle 1 – 3 Spielsitzungen passieren und führt dazu, dass eine neue Besonderheit oder Marotte entwickelt wird, ein Gebrechen in eine Marotte gewandelt wird. Alle zwei Aufstiege kann auch die maximale Anzahl an Karma– oder Courage-Punkte um 1 auf maximal 6 erhöht werden.
Das „Buch“
Für diese Lese-Rezension lag die Phone PDF vor und wurde auch auf einem Smartphone gelesen. Man erkennt am Computer die niedrig auflösenden Grafiken, aber kann auf beiden Geräten super die PDF lesen. Die Seiten sind dementsprechend übersichtlich gehalten und auch mit kurzen Abschnitten versehen. Keine Sektion geht dabei über eine Seite hinaus und das Regelwerk ist schnell und simpel zu verstehen sowie lesen. Es gibt sogar in der kurzen PDF (59 Seiten sind basierend auf diesen kurzen Phone PDF Seiten) viele Abbildungen, welche einen generischen Flair mit sich tragen. Tricube Tales spielt sich lt. dem Autor am Besten mit systemneutralen Settings, da keine Regeln nachgebildet werden müssen, sondern frei gestaltet werden können.
Ab Seite 37 finden sich dann noch Hinweise auf Genre spezifische Regeln. So werden u.a. nicht menschliche Rassen, Magie und Psionik, Belagerungen und Schlachten, Superhelden, Übernatürliches usw. thematisiert. Selbst für DnD-esque Spiele wird eine Möglichkeit für verschiedene Stärken von Monstern kurz behandelt.
Fazit
Alles in allem ist Tricube Tales ein kleines und schnelles generisches Rollenspiel, was ohne großes Drum und Dran aus kommt. Die Regeln erstrecken sich auf das Notwendigste und bieten durch die abstrakte Charaktererschaffung eine Menge unterschiedlicher Möglichkeiten für die Spielenden. Im Vordergrund steht auch hier eher die Narrative, denn wer seine Besonderheiten und Konzepte gut einbringen kann, erhält mehr Würfel für die Probe. Dieses Regelwerk ist ideal für all jene, welche einfach mal drauf los spielen wollen oder ein Setting ohne große oder komplexe Regeln erkunden wollen. Einzig eine Regelübersicht, wie diese deutsche Kurzübersicht, hätte das Werk komplett abgerundet.