Lese-Rezension zu Mausritter

Nachdem ich letztes Mal über ein kleines, witziges Spiel schrieb, welches sich darum drehte, herauszufinden, welche Beute eines Dungeons uns wirklich Freude bringt, möchte ich heute über Mausritter schreiben. Eigentlich ist es nicht eine reine Lese-Rezension, da ich das Spiel schon seit Januar 2021 regelmäßig spiele und jetzt gute 10 Sessions mit verschiedensten Leuten hinter mir habe. Dennoch beginnen wir hier mit einem Einblick des Textes, der Regeln und was Mausritter uns eigentlich vermitteln möchte.

Im Weiteren gehe ich nicht auf alle Regeln ein, so gibt es noch Zufallsbegegnungen und co., die beim Erkunden zu berücksichtigen sind. Dennoch wollen wir einen Rundumschlag, um die Kernmerkmale dieses kleinen aber wundervollen Spiels aufzuzeigen, erreichen.

Das Cover von Mausritter zeigt drei Mäuse, die auf einen Baumstumpf klettern und in die Ferne der Wiesenlandschaft schauen.
Bildquelle: Losing Games & Mausritter

  • Verlag: Losing Games
  • Erscheinungsjahr: 2019 / 2020
  • Sprache: Englisch
  • Seiten: 48
  • Format: PDF / Print
  • Preis: Pay What you want als PDF bei itch.io / 20 € fürs Hardcover beim Sphärenmeister

Worum geht es bei Mausritter?

In Mausritter übernehmen die Spielenden die Rolle von kleinen Rittern in einer großen und gefährlichen Welt. In Mausritter ist Magie gefährlich, Bestien mächtig und die Lande wundersam. Wir befinden uns in einer Schwert- und Schnurrhaar Welt, wobei die Darstellung der Menschen von Setting zu Setting sich ändern kann. Denn Mausritter kommt mit keinem festen Setting, sondern einem reichen Werkzeugkasten fürs Hexcrawling. Beispielhaft wird damit ein Abenteuer und Hexcrawl mitgeliefert, um zu zeigen, wie mit den Werkzeugen jeder sein eigenes Abenteuer entwickeln kann. So entstehen bei manchen Mitgliedern der Community Müllhalden, Bäume oder ganze Wälder als Welt ihrer Kampagne.

Da es sich bei Mausritter um ein OSR Spiel der neueren Art handelt, kommen wir mit wenigen Regeln aus, aber haben für viele verschiedene Bereiche etwas vorgefertigt. Die Regeln basieren auf Into the Odd und werden mit Kärtchen für Gegenstände, einem mit Plätzen begrenzten Inventarsystem sowie individuellen Regelungen zum Aufladen von Zaubern erweitert. Ansonsten hat jede Maus drei Eigenschaften: Stärke, Geschicklichkeit und Willenskraft. Da der maximale Wert einer Eigenschaft beim Start nur 12 betragen kann, Proben aber mit einem W20 geworfen werden, sind Lösungen bevorzugt, die keinen Würfelwurf erfordern. Im Kampf trifft man immer und würfelt direkt seinen Schaden, was dazu führt, dass Kämpfe schnell und tödlich verlaufen. Vorsicht statt Nachsicht ist für die kleinen wackeren Mäuse angesagt!

Charakterentwicklung

Die Charaktererstellung funktioniert in diesem wunderbaren Rollenspiel schnell und simpel. Für jede Eigenschaft würfelt man in Reihenfolge 3W6 und behält die höchsten beiden Werte. Danach darf man zwei Werte miteinander tauschen. Im Anschluss wird mit einem W6 die Trefferprotektion (TP) ausgewürfelt.

Exkurs: Trefferprotektion

Diese ist dafür da, dass wenn die Maus Schadenspunkte erleidet, zuerst die TP abgezogen werden. Sind die TP aufgebraucht, erleidet die Maus Schaden auf die Eigenschaftswerte. Erreicht die Stärke den Wert 0, ist die Maus tot. Bei Geschicklichkeit mit einem Wert von 0 ist die Maus bewegungsunfähig und bei Willenskraft auf 0 ist die Maus wahnsinnig. Eine Rast heilt wieder TP oder Eigenschaftswerte. Dafür gibt es kurze, lange und volle Rasten.

Danach würfelt man einen W6 für die Samen, was eine Währung in den Mausreichen ist. Startgeld und Trefferprotektion ergeben dann zusammen auf einer W66 Tabelle den Hintergrund der Maus. Aus dem Hintergrund ergibt sich auch die Startausrüstung, denn man startet mit Fackeln, Rationen, einem Gegenstand des Hintergrunds und einer Waffe nach Wahl.

Zu guter Letzt würfelt man noch das Aussehen der Maus. Einen W6 für das Geburtsmal, W6 für die Fellfarbe und W6 für das Muster im Fell. Auf einer W66 Tabelle wird dann noch ein besonderes Merkmal wie eine Augenklappe ausgewürfelt. Wenn man nicht auf einen Namen kommt, kann auch Vor- und Nachname der Maus ausgeworfen, aber das wars schon.

Stufenaufstieg

Das Spiel hat Stufen für die Charaktere. Erfahrungspunkte wird nach Beute, welche in eine Maussiedlung gebracht wird, vergeben. Sehr schön ist, dass laut Regelwerk die Beute immer gleichmäßig verteilt wird. Wenn die Maus selbstlos Samen für eine Maussiedlung ausgibt, wird dies auch mit Erfahrungspunkten belohnt. Beim Stufenaufstieg werden dann die TP erhöht, Mumm eingeführt, welcher ausgegeben werden kann, um Zustände zu ignorieren und man würfelt, ob Eigenschaften steigen. So wird die kleine zierliche Maus immer mächtiger. Ein Limit für Stufen gibt es übrigens nicht, jedoch ist der Anstieg an Werten nach Stufe fünf nicht mehr ganz so stark.

Proben & Items

Wie schon angekündigt, unterwürfelt man seine Eigenschaftswerte. Dafür wird ein W20 geworfen. Wenn die Situation es erlaubt, kann Vor- oder Nachteil vergeben werden, was bedeutet, dass mit 2W20 geworfen wird und entsprechend der niedrigere oder höhere Wert genommen werden muss.

Wird im Kampf die TP auf 0 reduziert, erleidet die Maus Eigenschaftsschaden. Dieser wird meistens auf Stärke verteilt, kann aber je nach Bestie auch auf Geschicklichkeit oder Willenskraft gehen. Nachdem eine Maus Stärkeschaden erlitten hat, macht sie eine Probe auf Stärke (auf den reduzierten Wert), wenn sie diese Probe nicht schafft, erleidet sie kritischen Schaden und einen Zustand. Sie hat den Zustand Verwundet, was durch ein Itemkärtchen angezeigt wird und einen Inventarplatz blockiert. Zustände werden durch spezielle Bedingungen aufgelöst, wie z.B. eine lange Rast abhalten oder gar eine volle Rast.

Da im Kampf immer getroffen wird, wenn man angreift, wird direkt der Waffenschaden ausgeworfen. Hier kann jedoch auch, je nach Situation, ein Vor- und Nachteil entstehen. Dies wird damit angezeigt, dass der Schaden auf W4 reduziert wird oder auf W12 verstärkt.

Gegenstände & Zauber

Wurde ein Gegenstand benutzt, würfelt man, ob eine Aufwendung verbraucht wird. Bei einer 4-6 auf einem W6 streicht man ein Kästchen auf dem Itemkärtchen ab und zeigt an, dass der Gegenstand eine Abnutzung hat. Bei Rüstung und Waffen passiert das nach der Benutzung im Kampf. Wenn alle Aufwendungen aufgebraucht sind, ist der Gegenstand kaputt. Magische Gegenstände nutzen schwerer ab, können aber nicht so einfach repariert werden. Es ist eine Queste von Nöten!

Zauber sind auf Runen und damit Gegenstände. Auch hier werden Aufwendungen nach Nutzung abgestrichen. Dies funktioniert jedoch etwas anders. Zauber haben in der Regel drei Kästchen für Aufwendungen. Für jedes unbenutzte Kästchen kann die Maus entscheiden, mit wie viel Macht sie den Zauber sprechen möchte. Wenn sie mit Macht zwei den Zauber wirken möchte, würfelt sie entsprechend 2W6. Der Zauber sagt, wie der Würfelwurf zu interpretieren ist. Meist gibt es dafür die Hinweise im Zaubertext [WÜRFEL] und [SUMME]. Gleichzeitig gilt aber auf diesen W6: Wenn sie eine 4-6 zeigen, wird eine Aufwendung verbraucht. Wenn sie eine 6 zeigen, erleidet die Maus zusätzlich W6 geistigen Schaden und schädigt damit Willenskraft, sofern keine TP mehr existiert. Wenn die Maus Schaden auf Willenskraft erleidet, muss sie eine Probe auf Willenskraft machen. Bei einem Fehlschlag erhält die Maus den Zustand Verrückt.

Zauber können nicht repariert werden, sondern werden wieder aufgeladen. Jeder Zauber hat dafür eine eigene Angabe, wie dieser Zauber wieder aufgeladen werden kann.

Beispiel: Feuerball

Effekt: Schieße einen Feuerball bis zu 24″ weit. Füge allen Kreaturen innerhalb von 6″ [SUMME] + [WÜRFEL] Schaden zu.
Aufladen: Brennt drei Tage und Nächte lang im Herzen eines wütenden Feuers.

Hexcrawl & Fraktionsspiel

Mausritter ist entwickeln worden als ein Spiel in einem eigenen Setting. Dafür bietet der Autor Isaac Williams einen Werkzeugkasten für Hexcrawls an. Hexfelder können im Vorwege so entworfen und mit einer Abenteuerstätte oder Maussiedlung versehen werden. Damit die Welt lebt, gibt es Gerüchte zu Abenteuerstätten und Fraktionen.

Jede Fraktion hat Ressourcen und Ziele. Am Ende jeder Session würfelt die SL einen W6 auf die Fraktionen und ihr aktives Ziel. Jede relevante Ressource der Fraktion bringt einen +1 Bonus auf den Wurf. Jede Ressource einer gegnerischen Fraktion zieht 1 vom Wurf ab. Ist das Endergebnis eine 4-5 wird ein Fortschritt beim aktiven Ziel markiert, ansonsten bei einer 6 sofort zwei Fortschrittspunkte. Ist die Leiste eines Ziels voll, gilt das Ziel als erfüllt und gibt der Fraktion, je nach Ziel, eine neue, hilfreiche Ressource und verändert die Welt.

Beispielfraktion: Balthazar (Katzenfürst)

Ressourcen: Furchteinflößende Präsenz, Angeheuerte Söldner und Banditen, Exorbitanter Reichtum
Ziele: Bestechungsgelder von Siedlern erheben (0 / 3), Mausdiener entführen (2 / 3), Siedlung unterjochen (0 / 5)

Mietlinge und Kriegsbunde

Da Abenteuer gefährlich sind, Mausleben kurz und auch Katzen sowie andere Großtiere eine gewaltige Bedrohung für eine einzelne Maus oder kleine Gruppe von Mäusen darstellt, bietet Mausritter mit Mietlingen und Kriegsbunden eigene Regeln für größere Gruppen von Mäusen und Hilfsmäusen.

Während Mietlinge eingekauft werden, täglich bezahlt werden müssen und eigene Werte und Inventarplätze sowie Ausrüstung hat, können sie auch Stufen erlangen und treue Begleiter oder neue SCs werden, sollte die eigene Maus ins Graß beißen. In Situationen der Gefahr und des Stresses werden Moralwürfe auf die Willenskraft des Mietlings durchgeführt. Bei einem Fehlschlag flüchtet die Helfermaus aus.

Kriegsbunde sind Ansammlungen von mind. 20 Mäuse. Sie bilden eine kleine Armee, welche sich auch gegen Katzen bewähren kann. Katzen sind z.B. Bestien, welche lediglich durch eine Kriegsbund verletzt werden können. Jeglicher Schaden einzelner Mäuse geht ansonsten in die Leere. Kriegsbunde haben ansonsten auch eigene Werte und können so auch im Kampf verletzt oder aufgelöst werden.

Die Aufmachung des Buchs

Ich besitze die Hardcover Variante von Mausritter und möchte jetzt nicht darauf eingehen, wie cool es ist, dass im Cover ein herausnehmbares Mäuseloch ist. 😉

Das Buch besticht in schlichtem Schwarzweiß Layout und handgezeichnete Mäuse, Bestie und Umgebungen untermalen die jeweiligen Abschnitte und geben dem Buch einen für das Genre passenden Charm. Es hat kurze Absätze, welche prägnant die Regeln erläutern. Die Regeln sind auch verständlich beschrieben und selbst in diesem kurzen Werk geschickt in mehrere Abschnitte untergliedert. So finden sich auf den ca. ersten 20 Seiten die Regeln der Spielenden und auf den darauffolgenden Seiten der Werkzeugkasten für die SL. Das Layout ist kompakt und bricht die Charaktererstellung auf zwei Seiten runter, wobei eine Seite davon die Tabelle mit Hintergründen ist.

Im Abschnitt der SL befindet sich auch ein Bestiarium, eine Hexmap sowie ein Abenteuer, um direkt los zu spielen. Auf der letzten Seite des Werks ist eine Zusammenfassung der Regeln.

Tools vom Autor

Viele der Tools aus dem Grundregelwerk sind als Online-Tools verfügbar. So gibt es einen Mausgenerator anstatt die Charaktererschaffung selbst auszuwürfeln. Dir fehlt eine Idee für die Abenteuerstätte bzw. den Dungeon? Kein Problem mit dem Abenteuerstätten Generator hast du eine schnelle Idee samt kleiner Karte mit Rätseln, Hindernissen, Fallen und Räumen mit Kreaturen. Eigene neue Gegenstände kann man mit dem Gegenstandskärtchen Studio entwerfen. Die nötigen Charakterbögen, Itemkarten, SL Spielsitzungsbögen, Regelreferenz und die Hexcrawl Vorlage sind auch auf der Homepage zu finden.

Hackability und die Community

Die Community im engl. sprachigen Bereich ist groß, begeistert, motivierend und sehr aktiv. Mit Isaac Williams und Matthew Morris gibt es zwei Kuratoren und Moderatoren, welche nicht nur selbst aktiv an Mausritter rum werkeln, sondern auch schon zwei Game Jams (Rittermarches und Mayfield) auf Itch gestartet haben, woraus u.a. ein Zine entstand. Zum 23.06.2021 hatte Matthew auf Discord verkündet, dass er 145 Supplements für Mausritter gezählt hat. Die sehr früh erschienene Third Party License legt fest, was für Mausritter geschrieben werden darf.

Zu den ersten beiden Game Jams habe ich auch einiges beigetragen, welches auf unserer Itch Seite zu finden ist, und es wird noch mehr folgen, spätestens Anfang 2022 ;-).

Seit dem 10.08.2021 gibt es noch einen weiteren Kickstarter, der eine Neuauflage der Box-Version von Mausritter sowie einem neuen Abenteuerband finanzieren soll.

Bildquelle: Losing Games & Mausritter

Fazit

Ich liebe Mausritter. Es hat kurze, leichte Regeln, spielt sich sehr flüssig und fördert die Kreativität der Spielenden. Stumpfes Haudrauf im Sinne von DnD hat hohe Chancen, dass die eigene Maus dabei den Kürzeren zieht und kreative Lösungen werden regelmechanisch durch verstärkten Schaden oder Vorteil auf Proben belohnt. Richtig gute Lösungen werden jedoch ohne Würfelwurf belohnt! Die Welt ist gefährlich und spannend durch die Augen der Nager zu entdecken. Es ist möglich mit verschiedenen Tieren zu reden und Sprachbarrieren mittels Magie zu überbrücken, um neue Verbündete in den anderen Einwohnern der Hexmap zu finden.

Einige aus der Community spielen Mausritter mit ihren Kindern und ich selbst mit Erwachsenen. Jede Gruppe hat andere Ansätze und es bleibt immer sehr spaßig und spannend. Mausritter hat mich zum Into the Odd Fan gemacht und zeigt, dass man keine hunderte Seiten Regeln braucht, sondern gute Vorlagen, Werkzeuge und solide Grundregeln, anstatt die Sonderregel der Sonderregel. Für all jene, welche nicht auf anthropomorphische Charaktere und Geschichten stehen, sollten sie mal einen Blick auf Crowns werfen. Crowns ist stark von Mausritter inspiriert und bietet etwas mehr Crunch, aber auch Geschichten mit eher klassische Gewölbegängern erzählt.

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