Lese-Rezension zu Paris Gondo – The Life-Saving Magic of Inventorying

Beim letzten Review beschäftigten wir uns mit dem generischen und kleinen Tricube Tales. Dieses Mal soll es darum gehen, was uns wirklich Freude bringt. Kalum vom Rolistes Podcast sandte uns die Text-Version von Paris Gondo – The Live-Saving Magic of Inventorying. Ich habe mir das an Marie Kondos Aufräumtechnik angelehnte Rollenspiel mal angelesen.

Paris Gondo wurde von Kalum vom Rolistes Podcast an uns herangetragen. Die Text-only Version von Paris Gondo war an keine Rezension geknüpft, aber wir wollen doch ein paar Worte darüber verlieren.


  • Verlag: Rolistes Podcast / Kalum
  • Erscheinungsjahr: 2021
  • Sprache: Englisch
  • Seiten: 94
  • Format: PDF
  • Preis: 10 $ als PDF bei itch.io

Worum geht es bei diesem Spiel?

Das Spiel ist eine Homage an Regelungen hinsichtlich der Traglast eines Charakters sowie anderen Tropes, die sich in Spielen mit Dungeons oder Dungeon-Crawling ergeben. Das Spiel selber ist spielleitungslos und benötigt keine Vorbereitung.

In diesem Spiel startet die Gruppe, nachdem sie den Dungeon durchquert und den Endboss bezwungen hat. Sie haben die Schätze erbeutet, die diese Person oder Kreatur so sorgfältig gehortet hat und die Gruppe muss ihre Heimreise antreten. Das einzige Problem dabei ist, dass manche Gegenstände sie behindern könnten, weniger nutzvoll sind, aber dafür mehr Freude bei den Charaktere verursachen. Es ist also ein aufgeräumtes Inventar zu erstellen, was nützlich, gut abgewogen und die meiste Freude verbreitet.

Auf dem Weg dorthin beschreiben die Spielenden den Dungeon, warum sie dorthin aufgebrochen sind, wer der Bösewicht im Dungeon war, wie ihre Gruppe sich zusammen setzt, warum sie zusammen reisen und und und. Der Schatz wird auch beschrieben und die Werte davon, aufgeteilt in Gewicht, Nützlichkeit und emotionaler Wert, werden für jeden Gegenstand ausgewürfelt.

Auf der Heimreise wird dann der Erfolg der Rückkehr erwürfelt. Kommen die Abenteurer heil zurück in die Zivilation? Haben sie sich für die richtigen Gegenstände entschieden, welche ihnen Freude bringen oder doch nur unnützen Plunder mitgenommen?

Testimonials aus dem Buch

Hier finden sich einige Reviews, welche einst Lehrlinge von Paris Gondo und der Magie des Inventarmanagements waren:

“Mein Mann und ich verstehen uns jetzt viel besser.”  

C. aus Königsmund

“Ich bin erstaunt, dass das Wegwerfen von Dingen mich so sehr verändert hat.”  

B. aus dem Auenland

“Ich habe es endlich geschafft, drei Kilo abzunehmen.”  

Y. von Vengerberg

Kurzübersicht über die 6 Schritte von Paris Gondo

Paris Gondo ist ein erzählerisches Rollenspiel. Es braucht keine Spielleitung, ist auch mit angegebenen zwei Stunden nicht lang und lebt viel von der Kreativität der Spielenden. Bis auf die Beute und Charakterklasse, würfelt jede spielende Person sonst nur noch drei mal im Spiel.

In jedem dieser Schritte gibt es Texte vorzulesen, die von Paris Gondo kommen, um die GonParis Methode vorzustellen und damit alle durch die Prozedur zu führen.

Setup: Session Zero

In der Session Zero werden zwei wichtige Themen im Vorwege geklärt: Safety und Ton

In der Session Zero sollen Safety Methoden angewandt werden, damit alle am Tisch Spaß haben und sich wohl fühlen. Es wird die X-Card empfohlen, sowie die Spark Joy Karte. Letztere wird mit kleinen Markern der Spielenden belegt, wenn etwas im Spiel Freude bereitete und dies dann gefördert werden kann.

Der Ton soll die Spielenden auf eine gemeinsame Idee der Runde bringen. Paris Gondo und die GonParis Methode ist auf ein Fantasy-Setting gemünzt, aber ob die Spielrunde ernst, düster, heroisch oder witzig sein soll, kann hier noch einmal im Vorwege geklärt werden. Paris Gondo ist im Kern ein witziges Spiel, welches sich nicht allzu ernst nimmt, aber hier ist der Zeitpunkt, um darüber zu sprechen.

Schritt 1: Der Dungeon

Im ersten Schritt der GonParis Methode wird der Dungeon erschaffen. Dies passiert über Diskussionen in der Gruppe. Hilfreiche Fragen könnten sein:

  • Wie ist der Dungeon aufgebaut und sieht er aus?
  • Welche Umstände führten dazu, dass die Charaktere in den Dungeon gingen?
  • Welche Gefahren und Hindernisse stellten sich der Gruppe in den Weg?
  • Wer lebt in diesem Dungeon?
  • Warum leben diese Kreaturen in dem Dungeon?
  • Wer führt die Kreaturen? Wer ist der Boss im Dungeon?
  • Wie oder warum kamen die Abenteurer in einen Disput mit dem Boss? 

Weitere Fragen können im Laufe auftreten. Hier ist keine Grenze gesetzt. Die Hinweise und Diskussionsbeiträge hier können aber schon zu Ideen für spätere Beute führen.

Schritt 2: Die Gruppe

Im nächsten Schritt wird die Gruppe beschrieben. Es gibt dabei 6 Klassen:

  • Barbar
  • Barde
  • Kleriker
  • Kämpfer
  • Schurke
  • Magier

Jede Klasse hat dabei ein eigenes Kartendeck an Startgegenständen, sowie eine maximale Traglast. Details wie Name, Aussehen, Motivation, Persönlichkeit, Hintergrund und auch die Gegenstände im Startinventar können beschrieben werden. Letzteres darf jedoch von den Werten nicht verändert werden, also nur kosmetische Änderungen mit sich ziehen. Aus einem Zauberbuch kann also ein ein Steintablett werden, aber die mechanischen Werte dürfen sich nicht ändern.

Im Anschluss werden die Charaktere der Gruppe vorgestellt. Die Anderen können dann Fragen über den Charakter stellen. Warum ist der Charakter im Dungeon, wie überlebte die Person solange, welche Qualitäten hat dieser Charakter, welche Persönlichkeit? usw. Die Fragen können sich aber auch um das Startinventar drehen.

Der letzte Schritt für die Gruppe ist, wie sich die Gruppe gefunden und geformt hat. Alle zusammen am Tisch überlegen und diskutieren, was die Gruppe zusammen brachte, wie die Dynamik untereinander ist, was sie bislang erlebten usw. Auch hier sollten die Gegenstände im Inventar der Charaktere aufgegriffen und in die Geschichte eingewoben werden.

Schritt 3: Die Beute

Langsam kommen wir zum Kern des Ganzen. Im dritten Schritt dreht sich alles um die neue Beute, welche die Abenteurer erlangen. Dafür nimmt sich jede spielende Person zwei Beutekarten und würfelt das Gewicht, die Nützlichkeit und emotionaler Wert mit einem W6 aus. Danach wird ausgeworfen für welche Klasse dieser Gegenstand am besten passt. Der Nützlichkeits-Wert wird verdoppelt, wenn die entsprechende Klasse den Gegenstand besitzt.

Danach wird der Gegenstand beschrieben. Der Name soll dabei natürlich die Werte des Gegenstands widerspiegeln. So kann man das „Unbewegliche Spiegelschild“ beschreiben ;-).

Als letzter Schritt wird die Beute der Gruppe vorgestellt. Dabei wird beschrieben, wie der Gegenstand gefunden wurde und wie der Charakter darauf reagierte. Die anderen Spielenden können dabei weitere Fragen zu dem Gegenstand stellen: Wie sieht der Gegenstand aus, wo kommt er her, wem gehörte der Gegenstand vorher? uvm.

Schritt 4: The Life-Saving Magic of Inventorying

Die GonParis Methode fängt in genau diesem Schritt an. Wir legen all unsere Gegenstände auf den Boden und sortieren unser Inventar neu. Dieser Prozess ist im Kern der Austausch der Gegenstände mit den anderen Mitgliedern der Gruppe. Dieser Tausch sollte ausgespielt werden und damit auch Szenen zeigen, die das Verhandeln über einen Gegenstand oder das traurige Hergeben einer geliebten Beute darstellen. Rein regelseitig wird hier das Inventar berechnet. Da jeder Gegenstand ein Gewicht hat und jeder Charakter eine Traglast, muss geschaut werden, welche Gegenstände mitgenommen werden können. Die Differenz zwischen Maximaler Traglast und totalem Gewicht muss größer 0 sein. Gleichzeitig ist darauf zu achten, dass für die Heimreise nicht nur emotional wertvolle Gegenstände mitgenommen werden, sondern auch nützliche, denn niemand weiß, welche Probleme sich noch auf der Rückreise ergeben können.

Am Ende dieser Phase der GonParis Methode werden also die Werte für

  • Traglastfaktor (Differenz zwischen maximaler Traglast des Charakters und Gesamtgewicht der getragenen Gegenstände)
  • Nützlichkeit (Summe der Nützlichkeit aller Gegenstände)
  • Emotionaler Wert (Summe der emotionalen Werte aller Gegenstände)

pro Charakter ermittelt. Diese Werte werden dann der Gruppe mitgeteilt und daraus die durchschnittliche Nützlichkeit der Gegenstände der Gruppe berechnet.

Schritt 5: Die Heimreise

Auf der Heimreise passieren noch einige Dinge. Die Abenteurer finden nicht ohne Hindernisse nach Hause. Jede spielende Person würfelt hier mit einem W20. Dies symbolisiert eine zufällige Begegnung oder ein zufälliges Hindernis. Ist das Ergebnis über dem durchschnittlichen Nützlichkeitswert der Gruppe, ist das Überwinden des Hindernisses für den aktiven Spielenden nicht erfolgreich verlaufen. Ist der Wurf kleiner gleich dem durchschnittlichen Nützlichkeitswert, ist es ein Erfolg.

Bei einem Fehlschlag des Wurfes, beschreibt die aktive Person, wie der eigene Charakter einem großen Unheil unterliegt. Dabei ist ein Gegenstand zu benennen und zu beschreiben, der zu diesem Unheil führte oder nicht hilfreich genug war, um es abzuwenden.

Bei einem Erfolg wird eine solche Szene beschrieben, jedoch mit einem Gegenstand, welcher die Situation löste oder entschärfte und damit hilfreich war.

Die Gruppe wechselt in ihren Erzählungen zwischen Fehlschlägen und Erfolgen bis alle Spielenden ihre Szene beschrieben haben.

Zum Abschluss muss noch ermittelt werden, ob der eigene Charakter entkommt oder von der Gruppe getrennt wird. Dies wird erneut mit einem W20 Wurf abgehandelt. Der Traglastfaktor des Charakters wird dabei auf den Wurf addiert. Ist der Wurf über 9, so ist die Flucht erfolgreich. Jede spielende Person beschreibt dann auch hier eine Szene, die entweder eine erfolgreiche Flucht durch einen Gegenstand ermöglichte oder eben ein Gegenstand zu dem Schicksal führte, dass die Spielfigur zurückblieb und von einer Bedrohung verschlungen wurde.

Schritt 6: Der emotionale Epilog

Unabhängig, ob die Heimreise erfolgreich war oder nicht, der Charakter verstarb oder sicher zurück kam, findet nun der emotionale Epilog statt. Werden die Charaktere ein glückliches und zufriedenes Ende finden oder sich unwohl und unbefriedigt fühlen?

Die Spielenden würfeln hier mit einem W20 gegen ihren emotionalen Wert der Gegenstände, die sie tragen. Liegen sie auf dem Wert oder darunter, sind sie erfolgreich. Je nach Ausgang des Wurfes beschreiben sie anhand eines Gegenstandes, welchen sie zurückgelassen haben (Fehlschlag) oder erlangt haben (Erfolg), wie glücklich sie sind, dass sie diesen Gegenstand gefunden haben bzw. unglücklich, weil sie den Gegenstand nicht ergattert haben. Charaktere, welche ein grausames Schicksal erlebt haben, erkennen, im dunklen Dungeon, den sie nicht verlassen konnten, oder im Nachleben, ihr Schicksal an, erfreuen sich jedoch ebenso oder auch nicht an einem Gegenstand, welchen sie erlangt oder hinterlassen haben.

Danach können noch weitere Details zum weiteren Leben oder Verlauf der Charaktere stattfinden, um die Geschichte abzurunden.

Fazit

Als Kalum mir dieses Werk schickte und ich mir die Beschreibung durchlas, dachte ich mir, dass es ein sehr eigenes Werk ist. Ich mag die Idee – angelehnt an Marie Kondo – und finde sie auch schön aufgegriffen sowie umgesetzt.

Dennoch ist es in meinen Augen eher ein Minispiel und nichts, was einen festen Platz in meinen Runden finden wird. Während das aber auch nicht immer der Fall sein muss, empfand ich beim Lesen, dass Paris Gondo – The Life-Saving Magic of Inventorying ein schönes Spiel für einen lustigen Abend ist. Schön finde ich, dass es nicht allzu viele Regeln benötigt und sich sehr auf die erzählerische Komponente beschränkt.

Dies erlaubt es wirklich tolle Geschichten zu erzählen und dennoch sein Inventar aufzuräumen. Sehr cool sind die Kartendecks und das Skript, welches auf wenigen Seiten das gesamte Spiel erklärt und die Spielenden durch die Prozedur führt. Weiterhin ist es auch sehr cool, dass es keine Spielleitung braucht und damit alle für sich klären können, was ihnen wirklich Freude bereitet.

Wenn man also ein Minispiel sucht, um einen lustigen Abend mit Freunden zu haben, ist dieses Spiel einzigartig in der Thematik und wird wohl viel Freude bereiten!

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