Spielbericht: Hexenwald

Der Uhrwerk Verlag beglückt die deutsche Rollenspielszene mit den Verbotenen Landen. Während für mich die Verbotenen Lande mein letzter und auch kläglicher Versuch waren, mit dem Jahr-Null-System warm zu werden, mag ich doch die Abenteuer vom Aufbau und Stil sehr gerne. Neben den großen Kampagnen für das Hexkarten-basierte old-schoolige Jahr-Null-System gibt es auch einige Abenteuerbände, wo sich mehrere Einzelabenteuer finden lassen. Unsere Schatten des Dämonenfürsten Runde in Embers führte die Gruppe in ein Moorgebiet, wo auch Hexen ihr Unwesen treiben. Wie schön also, dass ich gerade im Abenteuerband Der Turm der Quetzel schmöckerte und den Hexenwald von Ben Milton fand.

SPOILER MÖGLICH
Dieser Spielbericht versucht einen Einblick in das Abenteuer zu geben. Dabei werden Teile des Abenteuers explizit genannt oder angedeutet, was zu spoilern führen kann. Das Fazit verzichtet möglichst auf Spoiler, um dennoch ein Meinungsbild zum Abenteuer und eine Empfehlung abzugeben.


Bildquelle: Uhrwerk Verlag
  • Verlag: Uhrwerk Verlag
  • Erscheinungsjahr: 2019
  • Sprache: Deutsch
  • Seiten: 71
  • Format: PDF
  • Preis: 9,99 € (PDF)
  • Erhältlich bei: PDF beim Uhrwerk Verlag

Der Hexenwald

Was man sich über den Hexenwald erzählt

Verbotene Lande Abenteuer beginnen häufig mit einer Legende. Die Legende erzählt davon, dass in den Schatten des Waldes Hexen lauern sollen, die Glück und andere Dienste im Austausch für Blut anbieten. Es wird jedoch auch von dem Turm eines uralten Nekromanten erzählt, welcher unsterblich werden wollte und sein Herz sich in einer Statue unter seinem Thron befinden soll. Doch dies ist alles Jahrhunderte her. Jedoch wurden vor wenigen Wochen Skelette am Waldesrand gesichtet. Ist der Nekromant wieder auferstanden?

Wir lassen mal offen, was die Geschichte dahinter ist, jedoch machte sich die Gruppe auf, um durch dieses kleine Stück Wald zu reisen. Ihr Weg wurde wirklich von Untoten gekreuzt, aber sie stießen auch auf Hexen. Besonders toll ist, dass das Abenteuer mit Ereignissen aufwartet, die man an selbst gewählten Stellen einsprießen lassen kann. Beispielhaft einen dramatischen Auftritt von Mutter Mab auf ihrem riesigen Wolf.

Hexen unter sich

Das Abenteuer wird auf 12 Seiten erzählt und hat eine sehr schöne Karte sowie ausreichend und nicht zu lange Beschreibungen von den fünf Orten. Die Kreaturen, hier natürlich viele Hexen, werden in wenigen Absätzen beschrieben und auch deren Beziehungen untereinander. Das ist auch der spannende Punkt dieses Abenteuers. Ben Milton hat ein personengetriebenes Abenteuer verfasst. Was die Spielenden und ihre Charaktere in diesem Schauplatz anstellen, obliegt komplett ihnen und es gibt kein richtig oder falsch im klassischen Sinne, kein Dungeon zu plündern und damit das Böse ein für alle Mal zu vertreiben. Sie müssen sich mit den Figuren der Geschichte auseinandersetzen und nicht durch ein Gewölbe prügeln. Unsere Truppe wollte eigentlich nur möglichst schnell durch den Wald. Das Abenteuer fing sie dennoch ein, ergriff ihre Kuriosität und die Möglichkeit nach Wissen und Verbündeten, was vor allem in Embers hilfreich ist, um das Geheimnis des Landes und dessen Fluch zu ergründen.

Die mit den Wölfen tanzt

Durch eine Begegnung auf ihren Reisen mit Mutter Mab, etablierte sich diese als eine gefährliche Bedrohung. Mutter Mab spricht jedoch nur in Handgesten! Sehr cool, da so ein zu selten in unserer Gruppe eintretender Umstand (stumme und/oder taube Personen) ausgespielt wurden. Die Hürde der Sprachbarriere war immer allgegenwärtig und auch die Interpretation auf beiden Seiten eine Herausforderung. Um eine Konfrontation mit der alten Hexe zu umgehen, stellte sich die Gruppe erstmal auf ihre Seite. Schnell etablierte sich die Antagonistin für diese Sichtweise: Emmaline.

Himmelskörper beeinflussen Tod und Leben

Emmaline ist sehr viel jünger als Mutter Mab und irgendwo in ihrem Astrologie-Studium ins Nebenfach Nekromantie abgedriftet. Das macht sie jedoch nicht direkt zu einer schlechten Person und spielt super in die Magieschulen von dem Dämonenfürsten rein! Wenn das mal nicht ein Grund für die magiekundige Sternenseherin ist, um sich über die arkanen Mächte auszutauschen und neue Zauber aufzuschnappen.

Außerdem: Emmaline „kommt nicht oft raus“. Zitat Ende. Die Hexe mit dem Hang zum Unleben hat im Gegensatz zu den anderen Hexen einen Sitz der Macht. Mutter Mab und Emmaline haben konträre Ziele und als die Gruppe in das Domizil von Emmaline einbrachen, sahen sie sich doch in einer brenzligen Situation. Mit silberner Zunge konnten sie Emmaline einen Handel entlocken. Dafür mussten sie sich jedoch gegen Mutter Mab stellen und diese hintergehen. Nichts leichter als das für eine Gruppe voller Abenteurer:innen. Vielleicht war dies auch die einzige Chance, um möglichst unbeschadet durch einen Präventivschlag den Kampf mit der Hexe und ihrem Wolfsrudel für sich zu entscheiden. Am Ende des Tages konnten sie die Geheimnisse von Mutter Mab ihr Eigen nennen und dennoch den Handel mit Emmaline abschließen.

Fazit

Was mir besonders an diesem 12 seitigen Abenteuer gefiel, ist, dass es sehr offene Handlungsstränge bietet. Unsere Gruppe interessierte sich nicht stark für die anderen Hexen und ist nur bei einer anderen Hexe in die Hütte eingebrochen, um Informationen zu sammeln, da sie weder Mutter Mab noch Emmaline trauten. Gleichzeitig erlaubt das Abenteuer solche Wendungen wie die List gegenüber Mutter Mab und den Handel mit Emmaline. Die Charaktere der Geschichte haben genügend Motivation und Hintergrund, um sie zum Leben zu erwecken und auf die Spielenden und deren Charaktere zu reagieren. Der Ort hat auch nicht das Bedürfnis, direkt gelöst zu werden. Im Gegensatz zu manchen Dungeons, kann dieser Ort einfach verlassen und wiederaufgesucht werden.

Die Texte sind auch nicht zu lang und man kann sich so schnell in dem Schauplatz zu recht finden und Abschnitte kurz erneut lesen, um wieder reinzufinden. Auch wenn ich nicht stark hier im Text drauf eingegangen bin, bringt das Abenteuer einen schönen Flair von Hexen hervor, die von wunderlich bis schaurig passen. An vielen Orten finden sich auch Schätze, wie es sich für Sword & Sorcery sowie old-schoolige Abenteuer gehört. Die Bedrohung ist auch von „Hexe tut böse Dinge“ bis hin zu „die Region ist gefährdet“ und zeigt somit, dass es nicht ganz unerheblich ist, wie dieser Schauplatz gelöst wird.

Wenn man dieses Abenteuer leitet, sollte man jedoch wissen, dass nicht alles in Stein gemeißelt und detailliert beschrieben ist. Gruppen tendieren dazu nicht das zu tun, was sie sollen und man von ihnen erwartet. Für diese Fälle sollte man entweder vorgeplant haben oder improvisieren können. Letzteres fiel mir recht einfach, da die Charaktere der Geschichte und der Hintergrund offen genug dafür waren sowie gute Anknüpfstellen und Drama durch die Beziehungen der Hexen bestehen.

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